Auch nach der Trennung ihrer Eltern haben Kinder ein Recht darauf, beide Elternteile regelmäßig zu sehen. Zwar sollen die Eltern zunächst einmal selbst versuchen, eine Umgangsregelung zu finden, die vor allem dem Kindeswohl entspricht. Kommt eine Einigung allerdings nicht zustande, kann und sollte das Familiengericht angerufen werden. Wer später allerdings gegen die gerichtliche Umgangsregelung verstößt, riskiert die Verhängung von Ordnungsmitteln. Doch ist ein Verstoß gegen eine Umgangsregelung bereits dann anzunehmen, wenn man sein Kind außerhalb der geregelten Umgangszeiten kontaktiert?
Vater forciert Treffen mit Sohn
Laut einer gerichtlichen Umgangsregelung durfte ein Vater mit seinem Sohn unter anderem in den geraden Kalenderwochen das Wochenende sowie einen weiteren Tag in der Woche verbringen. Ferner durfte er sein Kind in den geraden Kalenderjahren für die ersten drei Wochen der Sommerferien zu sich holen. Der Umgang sollte aber erst am Samstag nach Ferienstart beginnen. Doch der Umgang reichte dem Vater nicht. Vielmehr suchte er seinen Sprössling außerhalb der Umgangszeiten immer wieder z. B. auf dem Schulweg, dem Spielplatz oder beim Skaten auf und brachte dabei stets etwas zu essen mit. Nach der Aufforderung des Schuldirektors, derartige Besuche zu unterlassen, erteilte er dem Vater sogar ein Hausverbot, das später jedoch wieder aufgehoben wurde.
Gericht verhängt Ordnungsgeld
Dennoch änderte der Vater sein Verhalten nicht und besuchte sein Kind auch weiterhin z. B. in der Schule. Hierbei schimpfte er vor dem Jungen über dessen allein sorgeberechtigte Mutter bzw. stritt mit ihr am Telefon, weshalb das Kind bei den Besuchen stets verstört und verschreckt war. Hinzu kam, dass er seinen Sohn am ersten Ferientag der Sommerferien vom Schulhort abholen wollte, obwohl der Umgang eigentlich erst am darauffolgenden Samstag begann. Daraufhin verhängte das zuständige Gericht wegen erheblicher Verstöße gegen die Umgangsregelung ein Ordnungsgeld gegen den Vater.
Der hielt den Ordnungsgeldbeschluss für unrichtig. Schließlich stehe in der Umgangsregelung nicht, dass er außerhalb der Umgangszeiten auf Kontakt mit seinem Sprössling verzichten muss. Ferner treffe nur die Mutter die Pflicht, den Umgang zwischen ihm und seinem Sohn zu fördern; eine solche Wohlverhaltenspflicht gelte aber für ihn nicht.
Kein Kontakt über Umgangszeiten hinaus
Das Kammergericht (KG) Berlin hob den Ordnungsgeldbeschluss jedoch nicht wieder auf. Seiner Ansicht nach hatte der Vater mehrfach erheblich gegen die Umgangsregelung verstoßen.
Zwar hatte der Vater Recht, dass eine Umgangsregelung zum regelmäßigen Kontakt mit dem Kind berechtigt, sei es persönlich oder per Telefon oder anderen Kommunikationsmitteln. Im Umkehrschluss muss ein Umgangsberechtigter aber auf Kontaktaufnahme außerhalb der Umgangszeiten verzichten. Anderes wäre nur möglich, wenn der betreuende Elternteil die „Eigenmächtigkeiten“ des früheren Partners duldet. Grund für die „Kontaktsperre“ außerhalb der Umgangszeiten ist vor allem das Kindeswohl – das Kind soll sich auf geregelte Umgangstermine einstellen und vorbereiten können und nicht jederzeit und unerwartet mit dem Umgangsberechtigten konfrontiert werden. Ferner muss der betreuende Elternteil das Kind auf den Umgang vorbereiten und ihn fördern, vgl. § 1684 II BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Ohne geregelte Umgangszeiten ist ihm das aber nicht möglich.
Wiederholtes Fehlverhalten des Vaters
Entgegen seiner Pflichten hat der Vater im vorliegenden Fall sein Kind regelmäßig auch außerhalb der Umgangszeiten aufgesucht. So wollte er den Jungen bereits am ersten Ferientag vom Schulhort abholen, obwohl der Umgang laut der Regelung unstreitig erst am darauffolgenden Samstag beginnen sollte. Ferner forcierte er regelmäßige Treffen mit seinem Sohn, z. B. vor der Schule oder beim Skaten. Das Gericht hielt die Möglichkeit zufälliger Begegnungen für unwahrscheinlich – so hatte er etwa regelmäßig Nahrungsmittel für das Kind dabei, was ebenso auf ein absichtliches Verhalten schließen ließ, wie die Häufigkeit der „zufälligen Treffen“. Dieses Benehmen hat er auch nicht geändert, nachdem der Schuldirektor ihm ein befristetes Hausverbot erteilt und er von dem Ordnungsgeldantrag der Kindsmutter erfahren hat.
Er hat den Jungen mit seinem plötzlichen und wiederholten Auftauchen ferner verunsichert und verschreckt, als er über die Kindsmutter geschimpft hat. Das gefährdet nicht nur das Kindeswohl, sondern auch die Vater-Kind-Beziehung. Weil er damit ferner die Aufgabe der Mutter erschwerte, den Jungen positiv auf den bevorstehenden Kontakt zum Vater einzustimmen, bejahte das Gericht letztendlich auch einen Verstoß des Vaters gegen seine Wohlverhaltenspflicht.
Das Gericht hatte darüber hinaus den Verdacht, dass der Vater glaubte, neben der Mutter zur Erziehung des Sohnes berechtigt zu sein. Es stellte daher noch einmal klar, dass die Mutter das alleinige Sorgerecht innehat und dieses dem Umgangsrecht vorgeht. Der Vater darf also z. B. die Erziehungsmaßnahmen der Mutter nicht durch gegenläufiges Verhalten unterlaufen.
(KG Berlin, Beschluss v. 12.02.2015, Az.: 13 WF 203/14)
Autorenprofil
Sandra Voigt
Assessorin, Redakteurin
Juristische Redaktion
anwalt.de – service AG
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