Unterhalt/Unterhaltsrecht Urteile Archiv

4 UF 168/14 – Mehr Unterhalt wegen Krankenversicherungskosten?

Trennungsunterhalt geltend machen
Bild: © ginasanders / depositphotos.com
Trennungsunterhalt geltend machen
Bild: © ginasanders / depositphotos.com

In aller Regel bemisst sich die Höhe des Kindesunterhalts nach der Düsseldorfer Tabelle. Sie ist kein Gesetz, sondern stellt nur allgemeine Leitlinien dar, die von den meisten Gerichten in Deutschland herangezogen werden und so einen standardisierten Unterhaltsanspruch ermöglichen. Allerdings decken die sog. Tabellenbeträge nur den normalen, voraussehbaren Bedarf des Unterhaltsberechtigten ab. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob ein unterhaltsberechtigtes Kind zusätzlich zum Tabellenbetrag auch einen sog. Krankenvorsorgeunterhalt verlangen kann.

Tochter verlangt Kosten für Krankenversicherung
Nach der Trennung eines Ehepaares lebte die gemeinsame Tochter bei ihrem Vater und erhielt von der Mutter Kindesunterhalt. Die war Beamtin und damit beihilfeberechtigt – aus diesem Grund konnte die Tochter bisher für nur 30 Euro mehr im Monat bei der privaten Krankenversicherung ihrer Mutter mitversichert werden.

Hiermit war die Tochter aber zunehmend unzufrieden. So sei ihr etwa vor zwei Jahren wegen mangelnder Mitwirkung der Mutter eine therapeutische Maßnahme nicht genehmigt worden. Ihre fehlende Kooperationsbereitschaft merke man z. B. auch daran, dass sie gegenüber dem Kindsvater nach wie vor nicht kommunikationsbereit sei. Die Tochter war daher seit einiger Zeit bei ihrem Vater mitversichert.
Die Kosten hierfür in Höhe von ca. 169 Euro im Monat verlangte sie von ihrer Mutter – und zwar zusätzlich zum Kindesunterhalt. Die wies ihr Kind jedoch darauf hin, dass sie viel günstiger bei ihr mitversichert sein könnte und lehnte die Übernahme der Krankenversicherungskosten ab. Ferner erklärte sie, dass sie an dem Vorfall vor ca. zwei Jahren nicht schuld gewesen sei, sie sich vielmehr um eine Kostenübernahmezusage bemüht habe. Der Streit endete vor Gericht.

Geldanspruch oder Mitversicherung?
Für das Oberlandesgericht (OLG) Köln war ein Anspruch der Tochter auf Krankenvorsorgeunterhalt nicht ersichtlich.
Grundsätzlich sind Kinder nach § 10 II Sozialgesetzbuch V (SGB V) in der gesetzlichen Familienversicherung mitversichert. Das gilt aber nicht, wenn die Eltern – z. B. als Selbstständige oder Beamte – privat krankenversichert sind. Hier müssen die Kinder explizit gegen einen „Aufpreis“ mitversichert werden. Diese zusätzlichen Kosten werden jedoch von der Düsseldorfer Tabelle nicht berücksichtigt, weshalb das Kind sie als sog. Krankenvorsorgeunterhalt nach § 1610 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) von seinem unterhaltspflichtigen Elternteil zusätzlich zum Tabellenunterhalt verlangen kann.
Allerdings muss der Krankenvorsorgeunterhalt nicht unbedingt in Geld gewährt werden. Der Unterhaltspflichtige kann das Kind bei seiner Privatversicherung auch selbst mitversichern. Das Gericht wurde bei seinem Entschluss maßgeblich von wirtschaftlichen Gründen beeinflusst: Da die Mutter als Beamtin beihilfeberechtigt war – also die Krankenversicherung im Leistungsfall vorliegend nur den von der Beihilfe nicht getragenen Anteil von 20 Prozent übernehmen musste –, betrugen die Kosten der Mitversicherung bei der Privatversicherung der Mutter nur 30 Euro. Demgegenüber hätte eine Mitversicherung beim Vater ca. 169 Euro gekostet.
Gründe, warum die Mutter fast 170 Euro an die Tochter zahlen soll, wenn sie ihr Kind für nur 30 Euro bei sich mitversichern kann, waren keine erkennbar. Nur weil die Mutter eventuell Kommunikationsprobleme mit ihrem Exmann hat, darf daraus schließlich nicht automatisch geschlossen werden, dass sie ihrer Tochter nicht bei der Abwicklung eines Leistungsfalls helfen würde. Auch die behauptete Verweigerungshaltung bei Erlangung einer Kostenübernahmezusage vor zwei Jahren war nicht geeignet, eine Unzuverlässigkeit der Mutter anzunehmen. Erstens war dies ein einmaliger Vorfall, der bereits vor langer Zeit passiert ist, und zweitens konnte das Gericht zweifelsfrei klären, dass der Antrag tatsächlich nicht wegen mangelnder Mitwirkung der Mutter gescheitert ist.
Es war der Tochter daher zuzumuten, sich bei der Privatversicherung ihrer Mutter mitzuversichern. Um hier zukünftig etwaige Abrechnungsprobleme zu vermeiden, könnte sie sich im Übrigen von ihrer Mutter eine Vollmacht zur unmittelbaren Abrechnung geben lassen und sie bei Bedarf vorlegen.
(OLG Köln, Beschluss v. 20.02.2015, Az.: 4 UF 168/14)

Autorenprofil

Sandra-Voigt-Assessorin

Sandra Voigt
Assessorin, Redakteurin

Juristische Redaktion
anwalt.de services AG

[rwp-review id=“0″]

Bitte beachten!

All unsere Angaben sind ohne Gewähr und können nicht immer aktuell sein. Bitte wenden Sie sich immer zuerst direkt auf der offiziellen Website des jeweiligen Jugendamtes an die gewünschte Stelle.
Vielen Dank! Bitte schreiben Sie uns nicht hier auf Jugendaemter.com an. Diese Emails werden i.d.R. nicht vom Service bearbeitet.

Wer ist zuständig?

wer ist im Jugendamt zuständig Jugendaemter.com

Unterhaltsvorschuss

Sollten Sie alleinerziehend sein und keinen oder unregelmäßigen Unterhalt erhalten, kann ein Unterhaltsvorschuss beantragt werden.
Bis zum vollendeten 18. Lebensjahr besteht unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf einen Vorschuss.
_________________

Beistandschaft | Vaterschaftsfeststellung | Amtsvormundschaften | Unterhalt

Sie können bei Ihrem Jugendamt eine Beistandschaft beantragen. Dies unterstützt Sie sowohl bei der Feststellung einer Vaterschaft, als auch bei der Geltendmachung des Unterhalts.
_________________

Jugendarbeit | erzieherischer Kinder- und Jugendschutz

Sollten Sie Probleme zu den Themen Jugendmedienschutz, Medienpädagogik, Prävention sexueller Gewalt, Jugendkriminalität (Gewaltprävention), Suchtprävention, Sekten und beeinflussende Gruppierungen.
_________________

Wirtschaftliche Jugendhilfe

Dies betrifft Eltern, die Unterstützung für die Erziehung ihres Kindes benötigen. Hilfe kann sowohl in stationärer, teilstationärer und ambulanter Form erfolgen.

Schwerpunkte dieser Themen sind Kindertagespflege, Vollzeitpflege, Sonderaufwendungen in Jugendhilfeeinrichtungen, örtliche Zuständigkeit sowie Kostenerstattung und Kostenbeteiligung.
_________________

Adoptionsvermittlungsstelle | Pflegekinderdienst

Hier dreht es sich nicht nur um die Aufnahme von Adoptiv-Pflegekindern, sondern auch um den kompletten Bereich rund um Pflegekinder.
_________________

Elterngeld

Die einkommensunabhängige Leistung für Familien soll nach der Geburt eines Kindes finanziell unterstützen. Elterngeld wird aus diversen Bedingungen errechnet und kann vielen Betroffenen helfen.