Für Eltern ist der Umgang mit ihrem Kind nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht. Sind die Eltern jedoch nicht miteinander verheiratet, ist es in der Regel gerade für den Kindsvater problematisch, seinen Sprössling zu sehen. Das gilt erst recht, wenn ein anderer Mann der rechtliche Vater des Kindes ist. In diesem Fall steht dem leiblichen Vater ein Umgangsrecht etwa nur zu, wenn es dem Kindeswohl dient und er ein ernsthaftes Interesse an dem Kind hat, vgl. § 1686a BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Doch woran kann man das „ernsthafte Interesse“ eines Vaters an seinem Kind erkennen?
Möglicher Vater verlangt Umgang
Eine verheiratete Frau wurde schwanger und brachte während der Ehe eine Tochter zur Welt. Nach der Geburt ließ sich die Frau scheiden und focht die rechtliche Vaterschaft ihres Exmannes erfolgreich an.
Während der Empfängniszeit habe sie schließlich nur mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt. Kurz darauf erkannte dieser die Vaterschaft vor dem zuständigen Jugendamt an, ohne zuvor einen DNA-Test durchgeführt zu haben. In der Folgezeit lebte er für einige Zeit mit der Kindsmutter und der Tochter zusammen.
Nach der Trennung des Paares zog die Kindsmutter zu ihrem neuen Lebensgefährten, während das Mädchen beim Vater blieb, der für sie zur Hauptbezugsperson wurde. Als das Kind ca. sieben Jahre alt war, tauchte ein Mann auf, der behauptete, in Wahrheit der Vater des Mädchens zu sein. Er habe im Empfängniszeitraum eine Affäre mit der Kindsmutter gehabt, die Beziehung aber beendet, als er von der Schwangerschaft erfuhr. Nun sei er verheiratet, habe Kinder und wolle auch Umgang mit seinem ältesten Sprössling haben. Er forderte daher gerichtlich ein Umgangsrecht ein.
Umgangsrecht scheitert bereits an Formalität
Das Oberlandesgericht (OLG) Bremen verweigerte dem Mann ein Umgangsrecht. Ein Umgangsrecht für den leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater nach § 1686a BGB kommt nur in zwei Fällen in Betracht: Wenn der leibliche Vater eine Bezugsperson des Kindes ist sowie zwischen den beiden eine sozial-familiäre Beziehung besteht oder wenn der leibliche Vater ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat und ein Umgang dem Kindeswohl dient.
Vorliegend scheiterte ein Umgangsrecht bereits daran, dass der angebliche Vater es versäumt hatte, gemäß § 167a I FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) an Eides statt zu versichern, während der Empfängniszeit Intimverkehr mit der Kindsmutter gehabt zu haben. Seine bloße Behauptung, der Vater zu sein, genügte daher nicht.
Kein ernsthaftes Interesse am Kind ersichtlich
Zwar war nach wie vor unklar, ob der Mann tatsächlich der leibliche Vater ist. Hier schreibt § 167a II FamFG jedoch vor, dass die Vaterschaft inzident im Verfahren bzgl. des Umgangsrechts geprüft werden kann. Dabei entscheidet das zuständige Gericht, ob es zuerst das Kindeswohl oder die Vaterschaft klärt. Vorliegend hielt es das Gericht jedoch nicht mehr für nötig, die Vaterschaft zu überprüfen: Es lehnte bereits das ernsthafte Interesse des angeblichen Vaters an dem Kind ab.
Ob ein Vater ernsthaftes Interesse an seinem Kind hat, zeigt sich unter anderem daran, dass er sich aktiv darum bemüht, sein Kind kennenzulernen, Verantwortung zu übernehmen und Umgang mit ihm zu haben. Erfährt er erst nach einiger Zeit von der Existenz des Kindes, kommt es darauf an, wie er sich unmittelbar nach Erhalt dieser Information verhält, also ob er sich darum bemüht, Kontakt mit dem Kind aufzunehmen, oder ob er weiter so tut, als gebe es das Kind nicht. Vorliegend wusste der angebliche Vater bereits während der Schwangerschaft von seiner etwaigen Vaterschaft – weil er jedoch das Kind nicht wollte, beendete er die Affäre mit der Kindsmutter und kümmerte sich danach weder um sie noch um den Nachwuchs. Er hatte sich nach der Geburt nicht einmal zu dem Mädchen bekannt und Verantwortung übernommen. Ein ernsthaftes und nachweisbares Interesse des Mannes am Kind konnte das Gericht daher nicht erkennen.
Demgegenüber war das Mädchen mit dem rechtlichen Vater aufgewachsen und sah diesen als ihre Hauptbezugsperson an; zwischen den beiden bestand also eine familiär-soziale Bindung. Den angeblich leiblichen Vater kennt sie dagegen nicht. Das Kind musste bereits die Trennung der Eltern sowie den Wegzug der Mutter verkraften – die Entdeckung, dass ihre Bezugsperson unter Umständen nicht ihr leiblicher Vater ist, würde das Mädchen daher nur zusätzlich belasten und verunsichern. Ein Umgang mit dem angeblich leiblichen Vater würde aus diesem Grund nicht dem Kindeswohl entsprechen und war daher abzulehnen.
(OLG Bremen, Beschluss v. 10.10.2014, Az.: 5 UF 89/14)
Autorenprofil
Sandra Voigt
Assessorin, Redakteurin
Juristische Redaktion
anwalt.de – service AG
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